Stand auf der Internationalen Sportartikelmesse Ispo München 2020

„Wir haben da eine tolle Möglichkeit…“ so fing Eriks E-Mail im Vorfeld an, „wir dürfen einen Messestand auf der ISPO in München Ende Januar 2020 betreiben!“ Internationale Sportfachmesse für Händler… was soll ich denn da, ich kann doch nix wirklich, oder doch?

Mit vielen Fragezeichen und Unsicherheiten stehe ich nach stundenlangem Bahnfahren dann an einem Samstagmittag in der Halle A5 am Tresen der Longboard Embassy. Okay erste Hürde geschafft, richtige Halle, richtige Area. Das Gelände der ISPO erstreckt sich über 10 Hallen – 1km lang 600m breit. Beruhigt nehme ich wahr, dass ich von wildfremden Menschen freundlich angelächelt werde, in dieser wahnsinnig kalten, riesengroßen Halle. Überall wird geschraubt, gefräst, gebohrt, es riecht nach Farbe, Holzstaub, rauchenden Köpfen. Riesige Pappkarton-Müllberge, dazwischen fertige High-End Stände der weltweit führenden Sportmarken. Was um Himmels Willen tue ich hier und warum?

Ich treffe Erik und wir laden aus, ich erfahre dass Simon und Stefan von Sportler ruft Sportler eine Autopanne hatten und mit 3 Stunden Verspätung auf dem Weg sind. Drei Stunden?! das wirkt wie der glatte Untergang im Messebau. Und doch: jeder den ich anspreche, reagiert freundlich und hilfsbereit, da werden Leitern, Schrauben und Akku-Schrauber verliehen.

Mmmmh das emsige Geschraube fühlt sich an wie die Vorbereitungen bei den Pfadfinderlagern vor 20 Jahren: du stehst mit fünf Menschen auf einer Wiese im Nirgendwo und weißt: in einer Woche leben hier 250 Jugendliche für 10 Tage… wie soll das denn gehen? Und dann geht es, weil alle mit anpacken, es werden Lösungen gefunden, oder einfach gemacht, man hilft sich gegenseitig und ist auch mal schrecklich genervt voneinander.

Und am Ende steht es da, da wo vorher nichts war, selbst gebaut und ganz anders als du es dir vorgestellt hast, aber so ist das halt, wenn die Dinge auf einmal anders sind als gedacht. Da tut es gut, auch von anderen, den Profis zu hören: das ist halt Messe.

Am nächsten Tag soll es losgehen, ich bin Erik wirklich dankbar, dass er den Stand am nächsten Morgen allein fertig pröddeln will. Ich sitze entspannt bei unseren liebevollen Gastgebern und frühstücke selbst gefangenen und geräucherten Saibling aus der Isar. Hammer!! Noch nie gegessen und was für ein Genuss!

Als ich am Stand ankomme, bin ich überrascht und freue mich über das, was nun aus dem Nichts entstanden ist. Die Musik, die an der Bar läuft, ist mir vertraut und langhaarige, entspannte Typen mit Kaffebechern in der Hand sind nach meiner Erfahrung auch freundlich. Und na ja, alles nur Menschen, versuche ich mir einzureden, auch wenn einige von uns Beeindruckendes erschaffen können. Da passt, was in goldenen Lettern auf der MORE – Bibel steht, die wir zum Mitnehmen anbieten: „Was nach Höher Schneller Weiter kommt…“

Nach meiner Erfahrung bleiben wir auch danach unvollkommene Menschen, mit wundervollen, schönen Momenten und Grenzen, die achtsam gewahrt werden wollen. Das darf ich jeden Tag neu üben. Gott sei Dank.

So sind dann auch die Gespräche der kommenden Tage: überraschend, tiefgehend, manchmal existentiell, herausfordernd und wunderschön berührend. Ich dachte, ich wäre da falsch mit Gottes Botschaft mitten auf so einer Messe, an einer Skateboardrampe. Falsch war höchstens mein Zweifel. Ein Beispiel:

Zwei Anfang 20-jährige stehen mit dem Rücken zum Stand, ihr Bier in der Hand schauen sie den leicht bekleideten Skaterinnen zu. Ich spreche sie an, ob sie Interesse hätten, Kitesurfen zu lernen. Oh ja, Kitesurfen fänden sie cool, das würden sie gern mal lernen. Ich gebe ihnen die Postkarten, wir unterhalten uns über den Ort und sie sind überrascht, dass es nicht so teuer sei. Ich erkläre, wie es zu dem Preis kommt und dass es am Geld auch nicht scheitern soll, weil wir ein kirchliches Projekt in der Drachenszene sind. Sie sind überrascht und der eine wirkt reserviert. Ich erkläre, dass es nicht nur ums Kitesurfen und einen auf dicke Hose machen ginge, sondern auch darum, sich seinen eigenen Fragen zu stellen und diese z.B. in reinen Männercamps miteinander zu beleuchten. Unter Anleitung eines Pastors, der selbst gerne kitesurft. Der eine junge Mann geht Bier holen und der andere meint: das sei das Geilste, was er bisher von Kirche gehört hätte. Ich bin berührt und erkläre, dass dies eines der schönsten Komplimente sei, die er mir hätte machen können. Er will wissen, warum ich überhaupt glaube.

Ich schildere, warum ich die Kombi so großartig finde, Glaube und Natursport, dass ich Gott auf dem Wasser besonders nah bin. Ich schildere mein letztes Dankbarkeitserlebnis auf dem Wasser, als ich anfangen musste, einen Jahrhunderte alten Choral zu singen, so schön fand ich die Welt, den Sonnenuntergang und den Mondaufgang und ich auf dem Wasser, in diesem Moment. Wie wunderschön es sei, in einen Dialog gehen zu können zu diesem großen Gott und dass ich das allen Menschen wünschte. In welcher Kirche sei nicht so wichtig, Kirchen sind halt Gottes unvollkommenes Bodenpersonal, Fehler machen alle Menschen, aber deshalb sei die Gemeinschaft der Glaubenden nicht gleich komplett doof – und Gott schon gar nicht.

Der junge Mann schaut mich an und meint: SO hätte ihm jemand das mit dem Glauben noch nie erklärt. Ich frage ihn, ob er noch kurz warten könne, hole eine Bibel vom SRS und frage ihn, ob ich ihm die schenken dürfe. Eine Sportlerbibel. Er nimmt die Bibel an und erklärt, er werde das auf jeden Fall lesen, weil es ihn überzeugt hätte, wie ich es ihm erklärt hätte. Bisher hätte er Bücher über Astralkräfte und Widergeburt gelesen, aber das heute Abend hier, an dieser Skaterampe auf der Messe hätte ihn beeindruckt.

Wie viele solcher wunderbaren Begegnungen erlebten wir auf der ispo! Gerade hier, an der Skaterrampe – wo jeden Abend noch Party ist, während alle anderen Messehallen längst geschlossen sind! 300 Sportlerbibeln sind mitgenommen worden.

So war sie, die ispo München. Ich schätze, in diesen wenigen Tagen habe ich an die 50 Gespräche dieser Art geführt. Gewonnen habe ich: nahegehende wunderbare Menschengeschichten, Einblicke in diesen ästhetischen Skateboardsport, Faszination, Respekt und Geduld, die ich weiter erlernen will und richtig Bock auf noch mehr Sport in meinem Leben!

Heute, nach der ISPO bin ich dann zum ersten Mal in meinem Leben Skateboard gefahren. Ein Surfskateboard, frisch auf der Messe gekauft. Die Menschen auf der Rampe hatten einfach zu schön und zu kurvig die Plastikwellen befahren. Nun rolle ich butterweich mit unserer Tochter über den Asphalt. Sie lächelt mich an, während sie mir erklärt, dass ich mit so einer Fußhaltung natürlich nicht skaten könne. Wir tauschen die Bretter hin und her, üben gemeinsam weiter. Ich wusste vor der ISPO gar nicht, was mir da im Leben unserer Tochter entgeht. Nun fährt mir unsere Jüngste, in ihrer rosa Jacke davon und im Hintergrund nimmt der Himmel gerade die gleiche Farbe an.

Losgefahren bin ich mit nichts, vielen Fragezeichen und Zweifeln. Verändert und bereichert bin ich heimgekehrt. Danke an Ewigkite und SRS für diesen Einsatz mittendrin im Höher, Schneller, Weiter dieser Welt. Danke an die Leute rund um die Longboard Embassy für eure Offenheit und Hilfsbereitschaft, ihr habt es mir leicht gemacht J

Danke all den Menschen, die diesen Standflecken auf der ISPO mit ihren Lebensgeschichten, ihrem Vertrauen, ihren Fragen und unserem gemeinsamen Staunen zu einem Fleckchen achtsamen Innehaltens und einander Zuwenden gemacht haben. Danke an all die Menschen, die mir ihre Geschichte anvertraut haben, für all die positiven Rückmeldungen, dass wir Kirchenmenschen uns auf den Weg gemacht hätten.

Das ist Ewigkite: einfach da sein.